I. Sachverhalt
Der Kläger ist schwerbehindert mit einem GdB von 50. Im Juli 2010 bewarb er sich erstmalig bei der Beklagten, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Bei dem Bewerbungsverfahren wurde die Schwerbehindertenvertretung hinzugezogen. Die Bewerbung blieb jedoch erfolglos.
Ende Juli 2010 bewarb sich der Kläger erneut bei der Beklagten um eine neu ausgeschriebene Stelle. Die Bewerbung wurde bei der Beklagten von einer anderen Personalführenden Stelle als die erste Bewerbung bearbeitet. Weder dem Bewerbungsanschreiben noch dem Lebenslauf war zu entnehmen, dass der Kläger schwerbehindert war. Lediglich dem Anlagenkonvolut mit einem Umfang von 29 Blatt war als Blatt 24 eine Fotokopie seines Schwerbehindertenausweises beigefügt. Auch diese Bewerbung scheiterte, ohne dass der Kläger von der Beklagten zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Mit der Klage begehrt der Kläger eine Entschädigung, da er sich wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt sah. Die Beklagte hätte als Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes dem Beklagten aufgrund seiner Schwerbehinderung auf jeden Fall zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen.
II. Die Entscheidung
Anders als die Vorinstanzen hatte die Klage vor dem 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Der Senat führt insofern aus, dass auf die Schwerbehinderteneigenschaft im Bewerbungsanschreiben oder unter deutlicher Hervorhebung im Lebenslauf hinzuweisen ist. Unauffällige Informationen, wie hier in den Anlagen zu den Bewerbungsunterlagen, sind keine ausreichenden Informationen für den potentiellen Arbeitgeber. Der Bewerber muss ferner bei jeder einzelnen Bewerbung auf seine Schwerbehinderteneigenschaft hinweisen.
III. Hinweise für die Praxis
Das Bundesarbeitsgericht stellt mit seiner Entscheidung klar, dass der Arbeitgeber nicht generell verpflichtet ist, sich sämtliche Anlagen eines Bewerbungsanschreibens anzusehen. Die wesentlichen Inhalte müssen sich aus dem Anschreiben bzw. hervorgehoben aus dem Lebenslauf ergeben. Hierzu zählen auch solche, die auf die Schwerbehinderteneigenschaft des Bewerbers hinweisen.
Hintergrund für die Entscheidung war, dass sich schwerbehinderte Bewerber auf die Regelungen des SGB IX berufen können. Nach § 82 SGB IX müssen schwerbehinderte Menschen, die sich bei Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber bewerben, zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden, wenn die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlt.
Hierauf kann sich der Bewerber jedoch nur berufen, wenn er hierauf hinreichend hinweist. Tut er das nicht, stehen ihm keine Entschädigungsansprüche zu.
Die Entscheidung überzeugt. Richtig und wichtig ist und bleibt die besondere Förderung schwerbehinderter Arbeitnehmer. Auf etwaige Rechte sollte sich der Bewerber jedoch nur dann berufen können, wenn diese für den öffentlichen Arbeitgeber erkennbar war. Ob dies erkennbar ist, bestimmt sich jedoch meist im Einzelfall anders. Sollten Sie bei einem vergleichbaren Problem Hilfe benötigen, würden wir uns freuen, wenn Sie sich an uns wenden.
RA Manuel Große