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Geschlechtsumwandlung: Frau-zu-Mann-Transsexueller kann rechtlicher Vater sein

| Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hat die rechtliche Elternschaft eines Frau-zu-Mann-Transsexuellen bestätigt. Vater kann danach auch eine dem männlichen Geschlecht angehörige Person sein, wenn diese nicht leiblicher Elternteil ist. |

Das war geschehen

Der Antragsteller begehrte, als Vater eines Kindes eingetragen zu werden, das von seiner Ehefrau geboren wurde. Das Kind wurde mittels einer Samenspende gezeugt. Zum Zeitpunkt der Geburt hatte der Antragsteller eine gerichtlich bestätigte Geschlechtsänderung von weiblich zu männlich durchlaufen und war mit der Frau verheiratet. Das Standesamt verweigerte jedoch den Eintrag. Das Amtsgericht (AG) wies das Standesamt an, den Antragsteller als Vater einzutragen. Das Oberlandesgericht (OLG) hat die Beschwerde des Standesamts zurückgewiesen.

Vater eines Kindes ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Da die Frau das Kind geboren hat, ist sie die Mutter. Zum Zeitpunkt der Geburt war sie mit dem Antragsteller verheiratet, der rechtlich als Mann anzuerkennen war. Die Entscheidung, dass der Antragsteller einem anderen Geschlecht zugehörig ist, lässt das Rechtsverhältnis zwischen ihm und seinen Kindern unberührt. Der Wortlaut regelt das Rechtsverhältnis zu den leiblichen Kindern des Transsexuellen, die er bereits vor der Änderung seiner Geschlechtszugehörigkeit hatte. Da die rechtliche Eltern-Kind-Beziehung hier erst nach der Geschlechtsänderung des Antragstellers entstanden ist, greift das Transsexuellengesetz (hier: § 11 TSG) nicht.

Wird das Kind von der Ehefrau des jetzt männlichen Transsexuellen geboren, erfährt es keine Nachteile dadurch, dass dem Transsexuellen das männliche Geschlecht zugeordnet wird. Es hätte vielmehr Nachteile, wenn an das vormals weibliche Geschlecht angeknüpft würde. Denn nach § 11 TSG müsste der Antragsteller im Verhältnis zum Kind weiter als Frau behandelt werden. Allein aus unterhalts-, erb- und auch sorgerechtlichen Aspekten ist es für das Kind vorteilhaft, zwei Elternteile zu haben.

Transsexuellengesetz hier nicht anzuwenden

Das OLG: In diesen Fallkonstellationen ist es geboten, § 11 TSG nicht anzuwenden, um das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und das Recht des Kindes auf Pflege und Erziehung durch beide Elternteile zu gewährleisten. Es muss eine Ungleichbehandlung mit Kindern verhindert werden, die in eine heterosexuelle Ehe geboren werden. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, was auch das Recht beinhaltet, dass die geschlechtliche Identität anerkannt wird, ist verletzt, wenn ein transsexueller Elternteil für ein nach der Entscheidung nach § 8 TSG geborenes Kind rechtlich nicht die geschlechtsbezogene Elternrolle zugewiesen bekommt, die seinem selbst empfundenen und ihm rechtlich zugewiesenen Geschlecht entspricht.

Quelle | OLG Schleswig, Beschluss vom 4.7.2024, 2 Wx 11/24, Abruf-Nr. 242938 unter www.iww.de

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