| Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Verfassungsbeschwerde einer anerkannten Umwelt- und Naturschutzvereinigung nicht zur Entscheidung angenommen. Diese hatte sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für die Erweiterung des Verkehrsflughafens München durch eine dritte Start- und Landebahn gewandt sowie gegen die dazu ergangenen gerichtlichen Entscheidungen. In vier weiteren Verfahren, die sich gegen Planfeststellungsbeschlüsse und dazu ergangene gerichtliche Entscheidungen betreffend die Flughäfen München und Frankfurt am Main richteten, hat das BVerfG die Verfassungsbeschwerden weiterer Beschwerdeführer ebenfalls nicht zur Entscheidung angenommen. |
So argumentierte der Beschwerdeführer
Der Beschwerdeführer griff u. a. das dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Luftverkehrsprognosegutachten sowie dessen gerichtliche Kontrolle an. Er meinte, die Vorinstanz habe die gerichtliche Kontrolle der Luftverkehrsprognose nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechend durchgeführt.
Er bemängelte vor allem Folgendes: Die Vorinstanz habe den Prüfungsumfang bezüglich der Prognosemethodik eingeschränkt. Die Frage, ob eine Prognose einwandfrei zustande gekommen sei, unterliege aber nicht der vollständigen gerichtlichen Kontrolle. Hinzu käme: Die Methode der Luftverkehrsprognose sei intransparent und nicht nachvollziehbar genug. Die der Prognose zugrunde liegende, sogenannte Quelle-Ziel-Matrix sowie bestimmte Datengrundlagen, wie Fluggastbefragungen, seien nicht offengelegt worden. Weder die Behörde oder deren Qualitätssicherer noch der Beschwerdeführer oder die Gerichte hatten die Prognose überprüfen können. Falsch sei auch gewesen, dass die Vorinstanz im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses auf den Tag der Behördenentscheidung abgestellt habe, obwohl die Planrechtfertigung danach – aber noch während des gerichtlichen Verfahrens – entfallen sei, weil die Erwartungen der Luftverkehrsprognose nicht eingetreten seien.
Verfassungsbeschwerde erfolglos
Die Verfassungsbeschwerde blieb erfolglos. Der Beschwerdeführer hat nicht hinreichend dargelegt, dass die Möglichkeit einer Verletzung der Rechtsschutz- und Eigentumsgarantie wegen einer unzureichenden Kontrolle der Grundlagen der Luftverkehrsprognose bestand. Zudem hat er es versäumt, alle Schriftstücke, deren Kenntnis für eine Beurteilung der Berechtigung der geltend gemachten Rüge erforderlich ist, mit der Verfassungsbeschwerde vorzulegen. Er hat auch nicht ihren wesentlichen Inhalt wiedergegeben.
So sah es das Bundesverfassungsgericht
Das BVerfG stellte fest: Die fehlenden Unterlagen wären für die Beurteilung erforderlich gewesen, ob die Kenntnis der nicht öffentlich zugänglichen Datengrundlagen unentbehrlich war, oder in Einklang mit dem Grundgesetz angenommen werden durfte, dass auf sie hätte verzichtet werden können.
Schließlich schrieb das BVerfG dem Beschwerdeführer ins Stammbuch, dass er eine Verletzung der Rechtsschutz- und Eigentumsgarantie ebenfalls nicht hinreichend dargelegt habe, soweit die Vorinstanz für die gerichtliche Nachprüfung und Beurteilung der Verkehrsprognose allein auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abgestellt und die nach diesem Zeitpunkt eingetretenen, vom Beschwerdeführer geltend gemachten und im Widerspruch zu der Prognose stehenden Entwicklungen nicht berücksichtigt hat. Wird bei der Entscheidung über die Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss auf den Zeitpunkt des Erlasses abgestellt, bleibt der Enteignungsbetroffene für den Fall geschützt, dass seine durch den Beschluss ermöglichte Enteignung aufgrund nachträglicher Änderungen der Sach- oder Rechtslage nicht mehr dem Gemeinwohl dienen würde. Nicht substanziiert dargelegt habe der Beschwerdeführer, dass hier etwa ein verwaltungsverfahrensrechtlicher Schutz von vornherein nicht zu erlangen wäre. Dies sei auch nicht ersichtlich.
Quelle | BVerfG, Beschluss vom 1.6.2021, 1 BvR 2374/15, PM 61/21 vom 20.7.2021