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Straßenverkehrsbehörde: Auf den Gehwegen geparkte Fahrzeuge: Anwohner können gegen Behörde vorgehen

| Anwohner können bei einer erheblichen Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Gehwegbenutzung einen räumlich begrenzten Anspruch gegen die Straßenverkehrsbehörde auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Einschreiten gegen das verbotswidrige Gehwegparken haben. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden. |

Autos seit Jahren verbotswidrig geparkt

Die Kläger begehren von der Beklagten ein straßenverkehrsbehördliches Einschreiten gegen Fahrzeuge, die aufgesetzt auf den Gehwegen in drei Bremer Straßen geparkt werden. Die Kläger sind Eigentümer von Häusern in den betreffenden Straßen. Die drei Straßen sind Einbahnstraßen. Die Fahrbahnen sind zwischen 5,00 und 5,50 Metern breit; auf beiden Seiten verlaufen Gehwege mit einer Breite zwischen 1,75 und 2,00 Metern. Verkehrszeichen mit Regelungen zum Halten und Parken sind nicht angeordnet. Seit Jahren wird unter anderem in den drei Straßen auf beiden Seiten nahezu durchgehend verbotswidrig aufgesetzt auf den Gehwegen geparkt.

Straßenverkehrsbehörde schritt nicht ein

Die gegen die Straßenverkehrsbehörde der beklagten Freien Hansestadt Bremen gerichteten Anträge der Kläger, Maßnahmen gegen das Parken auf den Gehwegen in den Straßen zu ergreifen, lehnte die Beklagte ab. Verkehrszeichen und -einrichtungen seien nicht– wie für deren Anordnung geboten – zwingend erforderlich. Das Gehwegparken sei bereits aufgrund der Straßenverkehrs-Ordnung verboten (hier: § 12 Abs. 4 und 4a StVO).

Anwohner klagten: Behörde muss einschreiten

Auf die hiergegen nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Klagen hat das Verwaltungsgericht (VG) Bremen die Beklagte unter Aufhebung der angegriffenen Bescheide verpflichtet, die Kläger unter Beachtung seiner Rechtsauffassung neu zu bescheiden; im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. § 12 Abs. 4 und 4a StVO habe eine drittschützende Wirkung zu ihren Gunsten. Wegen der Dauer und Häufigkeit der Beeinträchtigungen sei das Entschließungsermessen der Beklagten auf Null reduziert; die Beklagte sei zum Einschreiten verpflichtet.

Nächste Instanz: Behörde hatte Ermessensspielraum

Gegen dieses Urteil haben die Kläger und die Beklagte Berufung eingelegt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen die erstinstanzliche Entscheidung dahin geändert, dass eine erneute Entscheidung über die Anträge der Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des OVG zu erfolgen habe; im Übrigen hat es die Berufungen zurückgewiesen. Wie das VG hat das OVG eine drittschützende Wirkung von § 12 Abs. 4 und 4a StVO zugunsten der Kläger bejaht. Die Beklagte habe über das Begehren der Kläger nicht ermessensfehlerfrei entschieden. Anders als das VG war das OVG aber der Auffassung, dass das Entschließungsermessen der Beklagten nicht auf Null reduziert sei. Eine Pflicht, auf die Anträge der Kläger in den drei Straßen unmittelbar einzuschreiten, bestehe jedenfalls derzeit nicht. Es sei nicht zu beanstanden, wenn sie zunächst den Problemdruck in den am stärksten belasteten Quartieren zu ermitteln und ein Konzept für ein stadtweites Vorgehen umzusetzen gedenke.

So entschied das Bundesverwaltungsgericht

Gegen das Berufungsurteil haben die Kläger und die Beklagte Revision eingelegt. Auf die Revision der Beklagten hat das BVerwG die angefochtenen Urteile geändert und die Beklagte verpflichtet, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des BVerwG neu zu bescheiden; im Übrigen hat es die Revisionen zurückgewiesen.

Das OVG habe ohne Bundesrechtsverstoß angenommen, dass das § 12 Abs. 4 und 4a StVO zu entnehmende Gehwegparkverbot eine drittschützende Wirkung zugunsten der Kläger hat. Das Verbot des Gehwegparkens schützt nicht nur die Allgemeinheit, sondern auch Anwohner, die in der Nutzung des an ihr Grundstück grenzenden Gehwegs erheblich beeinträchtigt werden. Nach den vom OVG getroffenen Feststellungen ist diese Voraussetzung bei den Klägern erfüllt.

Die weitere Annahme des OVG, das Entschließungsermessen der Beklagten sei nicht auf Null reduziert, sie sei also noch nicht zu einem unmittelbaren Einschreiten verpflichtet, verstößt nicht gegen Bundesrecht. Da das unerlaubte Gehwegparken nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in der gesamten Stadt, insbesondere in den innerstädtischen Lagen weit verbreitet ist, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte zunächst die am stärksten belasteten Quartiere ermittelt, Straßen mit besonders geringer Restgehwegbreite priorisiert und ein entsprechendes Konzept für ein stadtweites Vorgehen umsetzt.

Nur „eigener“ Straßenabschnitt schutzwürdig

Folge: Die angefochtenen Urteile waren zu ändern, soweit sie den Klägern einen Anspruch in Bezug auf die „streitgegenständlichen Straßen“ zuerkannt haben. Die drittschützende Wirkung des Gehwegparkverbots aus § 12 Abs. 4 und 4a StVO ist regelmäßig – und so auch hier – auf den Gehweg beschränkt, der auf der „eigenen“ Straßenseite des Anwohners verläuft; umfasst ist in der Regel auch nur der Straßenabschnitt bis zur Einmündung „seiner“ Straße in die nächste (Quer-)Straße. In Bezug auf weitere Abschnitte des Gehwegs sind die Anwohner Teil des allgemeinen Kreises der Gehwegbenutzer und nicht mehr hinreichend von der Allgemeinheit unterscheidbar.

Anträge der Anwohner: neue Entscheidung erforderlich

Unter Beachtung der insoweit vom OVG abweichenden Rechtsauffassung des BVerwG muss die Beklagte erneut über die Anträge der Kläger entscheiden.

Quelle | BVerwG, Urteil vom 6.6.2024, 3 C 5.23, PM 28/24

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