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Legionellen im Trinkwasser: Für eine Minderung muss keine konkrete Gefahr bestehen

| Um festzustellen, ob ein Mietmangel vorliegt, der zu einer Minderung berechtigt, kommt es nicht darauf an, ob die Nutzung der Trinkwasserversorgung tatsächlich zu einer Gesundheitsgefährdung geführt hat. Es reicht aus, dass eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden kann. In einem solchen Fall aufgrund einer Legionellenbelastung ist eine Minderung der Miete um 10 Prozent gerechtfertigt. So sieht es das Amtsgericht (AG) Berlin-Wedding. | 

Vermieter informierte

2014 teilte der Vermieter den Mietern mit, dass bei einer Untersuchung der Trinkwasseranlage der technische Maßnahmewert für Legionellen überschritten worden sei. 2018 teilte er des Weiteren mit, dass der maximal gemessene Wert 800 KBE/100 ml betrage. Mit diversen Schreiben in 2019 bis 2021 informierte der Vermieter über die Ergebnisse weiterer Untersuchungen, die bei Werten zwischen 700 und 11.800 KBE/100 ml lagen. Er bat in dieser Zeit um vorbeugende Maßnahmen. So sollten die Mieter z. B. Tätigkeiten unterlassen, bei denen Warmwasser fein zerstäubt wird. Ferner sollten sie das Warmwasser vor dem Duschen ablaufen lassen und die Duschköpfe und -schläuche regelmäßig entkalken. 

Mieter reagierten

Die Mieter forderten 2021 die Bestätigung einer Minderung der Miete i. H. v. 25 Prozent. Zudem sollte der Vermieter überzahlte Miete erstatten. Der Vermieter weigerte sich. Daraufhin klagten die Mieter. Sie argumentierten, der Gebrauch der Mietsache sei durch die deutlichen Überschreitungen der Grenzwerte im Trinkwasser erheblich beeinträchtigt. Folge: Eine Minderung sei berechtigt. Der Vermieter hielt dem entgegen, dass infolge der bisherigen und aktuellen Konzentration von Legionellen keine Gesundheitsgefährdung und damit kein Mietminderungsrecht bestehe. 

So entschied das Amtsgericht

Das AG gab den Mietern Recht. Ein Mangel einer Mietwohnung, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebe oder mindere, sei eine nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache vom vertraglich geschuldeten. Maßgebend sei, was der Mieter für den vereinbarten Nutzungszweck erwarten könne. 

Mögliche Gesundheitsgefährdung rechtfertigt Mietminderung

Für die Annahme eines Mangels genüge es, wenn die Mietsache nur in Befürchtung einer Gefahr benutzt werden könne, die aufgrund des Zustands der Sache den Eintritt eines Schadens erwarten lasse. So habe es der Bundesgerichtshof (BGH) bereits im Jahr 2006 entschieden. Einer Sicherheit, dass eine Gesundheitsgefährdung bei Nutzung des Trinkwassers tatsächlich eingetreten sei, bedürfe es nicht. Entscheidend sei, dass eine Gesundheitsgefährdung nicht ausgeschlossen werden könne und der Mieter in ständiger Gefahrbesorgnis lebe. Der Mangel ende daher nicht, bevor der Mieter nachvollziehbar entwarnt worden sei. 

Geringere Mietminderung: Gesundheitsgefährdung trat nicht ein

Doch das Gericht gewährte nur eine Minderung i. H. v. 10 Prozent. Es begründete den geringen Wert damit, dass eine höhere Mietminderung nur gerechtfertigt sei, wenn tatsächlich eine Gesundheitsgefährdung bestehe oder eine Erkrankung infolge der Legionellenbelastung eingetreten sei. 

Quelle | AG Wedding, Urteil vom 17.3.2022, 13 C 335/21

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