Der § 490 Abs. 1 BGB regelt die Kündigung wegen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse. Die Norm ist aufgrund ihrer zahlreichen unbestimmten Tatbestandsvoraussetzungen jedoch nicht einfach zu verstehen. Fraglich ist, was die Voraussetzungen einer Kündigung sind.
- Überschuldungssituation
- Verschlechterung der Vermögensverhältnisse
- Wesentliche Verschlechterung
- Die Realisierung des Rückzahlungsanspruchs wird gefährdet
- Eingetreten sein oder einzutreten droht
Wann liegt eine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse vor?
Allgemein schützt das Kündigungsrecht den Kreditgeber vor dem gesamten oder teilweisen Entfall des Rückzahlungsanspruchs aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB. Dies setzt voraus, dass die Überschuldung i.S.v. § 19 InsO eintreten oder einzutreten drohen muss. Nicht notwendig ist, dass dieser Zustand im Zeitpunkt der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs besteht. Dabei ist die Aktiva (= Summe des zur Verfügung stehenden Vermögens; im Gegensatz dazu Passiva = Summe des zur Verfügung gestellten Kapitals) ein wichtiger Begriff. Im ersten Schritt erfolgt ein Vergleich zwischen der Aktivseite und der Passivseite, d.h. ein Vergleich zwischen den haftenden Sicherheiten und der Forderung des Darlehensgebers. Folgt daraus keine Deckung der Forderung inklusive Zinsen und mögliche Kostenbeiträge, spricht man von einer Verschlechterung der Werthaltigkeit einer Sicherheit. Im zweiten Schritt ist das Verhältnis aller Aktiva zu allen Verbindlichkeiten zu prüfen, um herauszustellen, ob das freie Gesamtvermögen den Rückerstattungsanspruch abdeckt. Mögliche Drittsicherheiten sind in beiden Stufen einzubeziehen.
Was ist unter den Prognosebegriffen „wird gefährdet“ und „einzutreten droht“ zu verstehen?
Um eine Prognose zu treffen, ist es notwendig den Sachverhalt vollständig zu ermitteln. Es bedarf objektive Indizien, die zum Zeitpunkt der Kündigung vorliegen, um eine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse zu begründen. Die Prognose hat aus der Sicht eines objektiven, verständigen Betrachters zu erfolgen.
Wann darf der Kreditgeber das Kündigungsrecht geltend machen?
Der Kreditgeber darf das Kündigungsrecht „in der Regel“ geltend machen, d.h. grundsätzlich und soweit nicht besondere Umstände vorliegen. Eine Interessenabwägung zu Gunsten des Darlehensgebers ist notwendig. Eine Ausnahme liegt vor, wenn der Darlehensgeber die Beseitigung der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse verhindert hat. Erlangt der Kreditgeber Kenntnis von der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse und kündigt dennoch nicht, muss er, um später kündigen zu können, warten bis sich die Vermögensverhältnisse erneut verschlechtert haben.
Ist vor Kündigung eine Abmahnung notwendig?
Grundsätzlich ist keine Abmahnung notwendig, allerdings ist ein Hinweis auf die Kündigungsabsicht geboten, dem ein Nachbesicherungsverlangen i.S.v. Nr. 13 Abs. 2 AGB-Banken hinzuzufügen möglich ist. Dies muss nicht schriftlich erfolgen.
Wie haftete der Kreditgeber bei ungerechtfertigter Kündigung?
Verlangt der Kreditgeber vor Fälligkeit die Valuta zurück oder verletzt er eine andere Pflicht aus dem Kreditvertrag, erlangt der Kreditnehmer einen Anspruch auf Schadensersatz i.S.d. § 280 Abs. 1 BGB gegen den Kreditgeber. Einen weiteren Anspruch gem. § 826 BGB erlangt dieser, wenn der Kreditgeber aus egoistischen Motiven die Insolvenz des Kreditnehmers auslöst.
Fazit
Zusammenfassend sollte der Kreditgeber darauf achten, dass er die objektiven Tatsachen für eine Verschlechterung der Vermögenslage genau ermittelt und eine detaillierte Prognose unter Berücksichtigung des gesamten Sachverhalts herausarbeitet. Weiterhin ist es dem Kreditgeber anzuraten, vor Kündigung das Gespräch mit dem Kreditnehmer zu suchen, um etwaige Lösungswege zur Änderung der Situation zu finden.
Stellen sich Ihnen als Kreditgeber/Kreditnehmer weitere Fragen zum Kündigungsrecht bei Verschlechterung der Vermögensverhältnisse, zögern Sie nicht, mit uns Kontakt aufzunehmen – Fragen kostet nichts!