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Widerruf eines Darlehensvertrags auch im Verhältnis Bausparkasse Verbraucher möglich

Über die Möglichkeit eines Widerrufs für Verbraucherdarlehensverträge existiert mittlerweile eine breite Rechtsprechung. Nach den gesetzlichen Bestimmungen steht einem Verbraucher auch bei Abschluss eines Darlehensvertrags ein Widerrufsrecht zu, das nach 14 Tagen erlischt.

Nach ständiger Rechtsprechung, auch des Bundegerichtshofs (BGH) soll das Widerrufsrecht aber nicht zu Laufen beginnen, wenn der Verbraucher eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erhalten hat. Dann ist auch noch nach Jahren ein Widerruf möglich. Das gilt sogar dann, wenn der Darlehensvertrag bereits vollständig zurück gezahlt wurde.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat diese Rechtsprechung in seinem Urteil vom 13.04.2015, Az. 6 O 7468/14 jetzt auch auf das Verhältnis Bausparkasse Verbraucher angewendet.

Dieses Urteil, das in anderen Beiträgen als spektakulär und beachtlich bezeichnet wird, ist allerdings keine Überraschung. Eigentlich müsste man es nicht erwähnen, denn es bringt keine neuen Erkenntnisse.

Einzig die Mitteilungen anderer Anwälte, das der „Darlehenswiderruf auch bei Bauspardarlehen möglich“ sei und die schöne, weil ausführliche Ausführung über eine mögliche Verwirkung des Widerrufsrechts, mit der das Urteil abschließt, rechtfertigen diesen Beitrag.

Wir möchten von der Bezeichnung „Darlehenswiderruf auch bei Bauspardarlehen möglich“ abstand nehmen. Denn im vorliegenden Fall handelt es sich um einen ganz normalen Darlehensvertrag, den die Bausparkasse mit dem Verbraucher abgeschlossen hatte.

Nach § 4 BauSparkG kann eine Bausparkasse neben dem Abschluss von Bausparverträgen als Hauptgeschäft nämlich auch einfache Darlehensverträge abschließen.

Unter einem Bauspardarlehen versteht man dagegen die Geldsumme, die ein Verbraucher von der Bausparkasse bei einem zuteilungsreifen Bausparvertrag ausgezahlt bekommt. Der abgeschlossene Vertrag ist dann aber ein Bausparvertrag und gerade kein (einfacher) Darlehensvertrag.

Es ist deshalb wohl nicht verwunderlich, dass die Rechtsprechung über den Widerruf von Darlehensverträgen auch auf Darlehensverträge (mit einer Bausparkasse) angewendet werden kann. Wie gesagt, keine neuen Erkenntnisse, kein Mehrwert.

Neben der von der Bausparkasse verwendeten Widerrufsbelehrung,

„Der Darlehensnehmer ist berechtigt, seine auf den Abschluss des oben bezeichneten Vertrages gerichtete Willenserklärung binnen einer Frist von zwei Wochen, gerechnet ab Eingang des unterschriebenen Darlehensvertrages bei der Q. Bausparkasse, frühestens mit Aushändigung dieser Widerrufsbelehrung, ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, Email) zu widerrufen.“

die es in dieser Form dem Verbraucher unmöglich macht, den genauen Beginn der Widerrufsfrist zu ermitteln, da es sich der Kenntnis des Darlehensnehmers entzieht, wann der Vertrag bei dem Kreditinstitut eingeht (ähnlich schon BGH mit Urteil vom 24.03.2009 Az.: XI ZR 456/07), hat sich das Landgericht mit der Verwirkung des Widerrufsrechts auseinander gesetzt.

Über die Verwirkung eines Rechtsanspruchs
Grundsätzlich kann ein Rechtsanspruch (hier das Widerrufsrecht) verwirken.
Dafür bedarf es aber immer eines Zeit- und Umstandsmoments. Grundgedanke der Verwirkung ist die Überlegung, dass es auf Grund der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens geboten erscheint, einen rechtlichen Anspruch, der über viele Jahre hinweg nicht geltend gemacht wird, verwirken zu lassen.

Im Fall des Widerrufs eines Darlehensvertrags steht diesen Gedanken aber der vom Gesetzgeber gewollte, umfassende Verbraucherschutz gegenüber. So ist ein Kreditinstitut viel besser in der Lage zu erkennen, ob eine erteilte Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß war und ob und wie lange ein Widerrufsrecht für den Verbraucher bestand. Letzterem ist diese Einschätzung kaum oder gar nicht möglich.

Zudem muss beachtet werden, dass ein Kreditinstitut zu einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verpflichtet ist und immer auch die Möglichkeit hat durch eine ordnungsgemäße Nachbelehrung die zweiwöchige Widerrufsfrist einseitig und ohne größeren Aufwand in Gang zu setzten.

Deshalb hat sich auch der Gesetzgeber in der Abwägung zwischen Rechtsfrieden durch Befristung des Widerrufsrechts und einem umfassenden Verbraucherschutz für letzteren entschieden. Dies folgt nicht zuletzt aus der Einführung des § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F, der wie folgt lautete:

Das Widerrufsrecht erlischt spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss. 2Bei der Lieferung von Waren beginnt die Frist nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger. 3Abweichend von Satz 1 erlischt das Widerrufsrecht nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist.“

RA Mass, LL.M. und stud. iur. Specht

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