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Zur Berechnung der Nichtannahmeentschädigung (oder auch Vorfälligkeitsentschädigung) nach der Aktiv-Passiv-Methode

Der BGH hat sich mit Urteil vom 07.11.2000 – Az.: XI ZR 27/00 mit der Berechnung der Nichtabnahmeentschädigung bei einem Annuitätendarlehen auseinandergesetzt.

Sachverhalt
Anfang des Jahres 1996 hatte der Beklagte bei einer Hypothekenbank eine schriftliche Finanzierungsanfrage gerichtet. Im Laufe des Monats März wurden dann die genauen Darlehensbedingungen ausgehandelt und man kam zu einem Entwurf eines Darlehensantrages. Der ausgehandelte Antrag sah ein grundpfandrechtlich abzusicherndes, in monatlichen Raten mit 1% jährlich zu tilgendes Darlehen in Höhe von 1.605.000 DM mit einem Nominalzinssatz von 7,39% bei einem anfänglichen effektiven Jahreszins von 7,71% vor, den der Darlehensnehmer unterschrieb.

Mit Schreiben vom 29. März beanstandete der Darlehensnehmer dann aber den Umstand, dass ihm entgegen einer Zusage eines Mitarbeiters der Bank der ausgefertigte Darlehensvertrag nicht binnen drei oder vier Tagen übersandt wurde und trat dann unter Berufung auf das Haustürwiderrufs- und das Verbraucherkreditgesetz vom Darlehensantrag zurück.

Am 9. April 1996 erteilte die Klägerin dem Beklagten eine schriftliche Darlehenszusage zu den im Darlehensantrag genannten Bedingungen. Da der Beklagte die Abnahme des Darlehens verweigerte, nimmt die Klägerin ihn auf Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung und von Bereitstellungszinsen in Anspruch.

Rechtliche Würdigung
Der Darlehensnehmer hat durch seine Unterschrift unter dem Darlehensvertrag ein Angebot an die Hypothekenbank abgegeben, das diese mit der schriftlichen Darlehenszusage am 9. April 1996 fristgerecht angenommen hat. Dann ist ein Darlehensvertrag mit gegenseitigen Rechten und Pflichten entstanden.

Von diesem Vertrag wollte sich der Darlehensnehmer durch einen Widerruf entweder aus dem Haustürwiderrufsrecht oder dem Verbraucherkreditgesetz lösen. Diese Rechte konnte der Darlehensnehmer aber nicht geltend machen, er hat ihren Tatbestand nicht erfüllt.

Ein Widerrufsrecht aus dem Haustürwiderrufsgesetz gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HaustürWG stand dem Beklagten deshalb nicht zu, weil die mündlichen Vertragsverhandlungen in seiner Wohnung erst auf seine ausdrückliche Bitte hin geführt wurden (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 HaustürWG).

Auch nach § 7 Abs. 1 VerbrKrG konnte der Darlehensnehmer kein Widerrufsrecht geltend machen, weil diese Vorschrift gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auf den vorliegenden Darlehensvertrag keine Anwendung findet. Danach waren vom Verbraucherkreditgesetz gerade solche Darlehensverträge ausgeschlossen, die durch ein Grundpfandrecht gesicht wurden.

Dann bestand für den Beklagten die Pflicht das Darlehen anzunehmen, dieser Pflicht ist er nicht nachgekommen und muss deshalb – durch diese positive Vertragsverletzung – der Hypothekenbank eine Nichtannahmeentschädigung zahlen.

Berechnung der Nichtannahmeentschädigung
Eine Bank hat grundsätzlich die Möglichkeit einen Schaden, der ihr durch die Nichtabnahme oder durch die vorzeitige Ablösung eines Darlehens entsteht, sowohl nach der Aktiv-Aktiv-Methode als auch nach der Aktiv-Passiv-Methode berechnen.

Bei der Aktiv-Passiv-Berechnungsmethode stellt sich der finanzielle Nachteil des Darlehensgebers als Differenz zwischen den Zinsen, die der Darlehensnehmer bei Abnahme des Darlehens tatsächlich gezahlt hätte, und der Rendite dar, die sich aus einer laufzeitgleichen Wiederanlage der freigewordenen Beträge in sicheren Kapitalmarkttiteln ergibt. Der Differenzbetrag ist um ersparte Risiko- und Verwaltungskosten zu vermindern und auf den Zeitpunkt der Leistung der Nichtabnahmeentschädigung abzuzinsen.

Der auf diese Weise berechnete Schaden umfasst sowohl den Zinsmargenschaden, d.h. den der Bank entgangenen Nettogewinn, als auch den Zinsverschlechterungsschaden, d.h. ihren aus einer Wiederausleihe zu einem niedrigeren Zinssatz resultierenden Schaden.

Für die Schadensberechnung nach der Aktiv-Passiv-Methode kommt es nicht darauf an, dass der Darlehensgeber die freigewordenen Beträge tatsächlich refinanziert. Eine Berechnung erfolgt bereits durch eine fiktive Wiederanlage.

Sollten Sie noch offene Fragen zur Vorfälligkeits- oder der Nichtannahmeentschädigung haben, lesen Sie bitte unsere anderen Beiträge zu diesem Thema. Insbesondere unsere Einführung in die Thematik der Vorfälligkeitsentschädigung.

RA Mass, LL.M. und stud. iur. Specht

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