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Einführung in die Thematik der Vorfälligkeitsentschädigung

Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung?
Ein Darlehensvertrag verpflichtet den Darlehensnehmer, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit (zeitlicher Ablauf des Vertrages) das zur Verfügung gestellteDarlehenzurückzuzahlen. Nun kann es aus verschiedenen Gründen sein, dass ein Bankkunde als Darlehensnehmer das gewährte Darlehen vor der vereinbarten Laufzeit zurückzahlt.

In diesem Fall erfüllt der Darlehensnehmer seine vertraglichen Pflichten nicht alleine durch die einfache Rückzahlung, es fällt zusätzlich auch eineVorfälligkeitsentschädigungan. Mit dieser Vorfälligkeitsentschädigung soll das Bankinstitut im wirtschaftlichen Ergebnis so gestellt werden, wie es stünde, wenn das Darlehen für den vereinbarten Festschreibungszeitraum fortgeführt und mit Zinsen bedient worden wäre.

Hat sich ein Bankinstitut mit einem Kunden bereits vertraglich auf ein Darlehen geeinigt, dieses aber noch nicht ausgezahlt, so spricht man von einer Nichtabnahmeentschädigung.

Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung
Um die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung zu bestimmen, bestehen für das Bankinstitut zwei Möglichkeiten:

  • Nach der Aktiv-Passiv-Methode vergleicht das Bankinstitut die Differenz zwischen dem Zinsgewinn bei normaler Fortführung des Darlehensvertrags zu dem Zinsgewinn bei einer fiktiven Anlage des zurückgezahlten Darlehensbetrages in in sichere Kapitalmarkttitel (Pfandbriefe).
  • Die Aktiv-Aktiv-Methode (fiktiver Abschluss eines Darlehensvertrages mit einem fiktiven neuen Bankkunden) unterstellt, dass das Bankinstitut das zurückerstattete Darlehen gleich wieder an einen anderen Darlehensnehmer, aber zu geringeren Zinsen (Wiederausleihezins), verleiht. Die dadurch entstandene Differenz der unterschiedlichen Zinssätze heißt Zinsverschlechterungsschaden des Bankinstituts und ist diesem zu ersetzen.

Weiter erleidet das Bankinstitut einen Zinsmargenschaden. Dieser entspricht dem entgangenen Nettogewinn aus dem vorzeitig abgelösten Darlehen. Bei seiner Bemessung ist von der Differenz der zwischen den vereinbarten Darlehenszinsen und dem Refinanzierungszins des Bankinstituts auszugehen. Bei dem Refinanzierungszins handelt es sich um Zinsen, die das Bankinstitut zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages mit der Bundesbank vereinbart hat, um sich selbst den an den Bankkunden auszuzahlenden Darlehensbetrag  zu beschaffen.

Je länger die Laufzeit des Kredits noch dauerte, desto höher ist folglich auch der Zinsverschlechterungs- beziehungsweise -margenschaden. Sowohl der Zinsmargenschaden als auch der Zinsverschlechterungsschaden sind mit dem aktiven Wiederanlagezins auf den Zeitpunkt der vorzeitigen Darlehensrückzahlung abzuzinsen. In den häufigsten Fällen ist diese Methode für den Kunden günstiger, weshalb die Bank eher die erste Berechnungsmethode wählt.

Nach Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig vom 08.01.1998 Az.: 5 U 124/95 oder des OLG Hamm vom 03.11.1997 Az.: 31 U 95/97–  muss sich das Bankinstitut die durch die vorzeitige Rückerstattung eingesparten Verwaltungskosten, wie auch Risikokosten, auf die Vorfälligkeitsentschädigung anrechnen lassen. Darüber hinaus kann die Beklagte ein angemessenes Entgelt für den mit der vorzeitigen Ablösung und der Nichtabnahme verbundenen Verwaltungsaufwand verlangen.
Je nach Darlehensvolumen kann die falsch berechnete Vorfälligkeitsentschädigung mehrere Tausend Euro betragen.

Dazu folgendes fiktives Anschauungsbeispiel:
Sachverhalt:  

Darlehensrestbetrag nach Aufhebung des Darlehensvertrages:                            300.000 €

Vereinbarte, jedoch nunmehr hinfällige Vertragslaufzeit:                                         3 Jahre

vertraglich vereinbarter Darlehenszins:                                                                      6,85 %

Refinanzierungszins damals
5,75 %

Wiederausleihezins (für die Laufzeit von 3 Jahren)                                                  3,60 %

Refinanzierungszins (heute für 3 Jahre)                                                                     2,85 %

 

  Aktiv-Passiv-Methode  Aktiv-Aktiv-Methode 
vereinbarter Darlehenszins 6,85 % 6,85 %
Refinanzierungszins damals – 5,75 %6,85 % – 5,75 %  bedeutet eine Marge von 1,1 % für die Bank)  
Wiederanlagezins   – 2,85 %
Wiederausleihezins – 3,60 %  
     
jährliche Risikokosten – 0,15 % – 0,15 %
jährliche Verwaltungskosten – 0,05 % – 0,05 %
  Zinsmargenschaden
also 0,90 % (6,85 % – (5,75 % + 0,15 % +0,05 %))
 
  Zinsverschlechterungsschaden
also  3,25 % (6,85 % – 3,60 %)
Zinsdifferenz
3,80 %
  Vorfälligkeitsschadenp.a.
damit 4,15 %x 3 Jahre Laufzeit = 12,45 %
3,80 % x 3 Jahre Laufzeit
= 11,4 %
Vorfälligkeitsschaden 12,45 % x 300.000 € =
37.350 €
11,4 % x 300.000 € =
34.200 €

 

Die Praxis zeigt, dass sich Bankinstitute bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung oft zu falschen Ergebnissen kommen. Übersteigt aber die von der Bank verlangte Entschädigung den ihr für die Nichtabnahme und die vorfällige Tilgung wirklich zustehenden Betrag, ist sie um die dazwischen liegende Differenz ungerechtfertigt bereichert. Der Darlehensnehmer hat dann einen Anspruch auf Herausgabe dieser Bereicherung. Darüber hinaus muss ihm die Bank auch die daraus gezogenen Nutzen – aus dem Differenzbetrag gezogene Zinsen – herausgeben.

Zögern Sie bitte nicht, auf uns zuzukommen. Wir werden gemeinsamen prüfen, ob Ihnen ein Anspruch gegen Ihr Bankinstitut auf Zahlung eines Differenzbetrages zusteht.

RA Mass, LL.M. und stud. iur. Specht

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