I. Sachverhalt
Der Europäische Gerichtshof hatte auf Vorlage des LAG Hamm einen Fall zu entscheiden, in dem eine Witwe von dem ehemaligen Arbeitgebers des verstorbenen Arbeitnehmers die Urlaubsabgeltung begehrte.
Der verstorbene Arbeitnehmer war vom 01.08.1998 bis zum 19.11.2010 bei einem Unternehmen tätig. Der Arbeitnehmer erkrankte im Jahr 2009 und war bis zu seinem Tode arbeitsunfähig. Als er starb hatte er noch 145,5 offene Urlaubstage. Die Witwe machte Urlaubsabgeltung bei dem ehemaligen Arbeitgeber geltend.
II. Die Entscheidung
Der EuGH erinnert in seiner Entscheidung daran, dass er bereits entschieden hatte (Urteil v. 03.05.2012 – C-337/10), dass der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis geendet hat, Anspruch auf eine Vergütung hat, um zu verhindern, dass ihm jeder Genuss des Anspruchs auf Urlaub vorenthalten wird. Das Unionsrecht stehe dabei einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegen, nach denen dem Arbeitnehmer am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung geschuldet wird, obwohl er krankheitsbedingt nicht in den Genuss seines bezahlten Jahresurlaub kommen konnte.
In diesem Zusammenhang stellt der EuGH heraus, dass der unwägbare Eintritt des Todes des Arbeitnehmers nicht rückwirkend zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub führen dürfe. Daher stellt der EuGH klar, dass das sonstige Unionsrecht einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet.
Ferner stellt der EuGH klar, dass die Abgeltung jedenfalls nicht davon abhängt, dass der Betroffene im Vorfeld einen Antrag gestellt hat.
III. Hinweise für die Praxis
Zwar ist es im Grunde traurig, wenn der Europäische Gerichtshof über einen solchen Fall zu entscheiden hat. Dies ist nur Spiegelbild dafür, dass es tatsächlich Unternehmen gibt, die nach dem Tod des Arbeitnehmers annehmen, dass die bisherige Nichtinanspruchnahme des Urlaubes und der sodann eintretende Tod für sie einen finanziellen Vorteil hat.
Daher ist die Entscheidung zu begrüßen. Sie stellt (abermals) klar, dass die Urlaubsabgeltung einen sozialen Aspekt hat. § 7 Abs. 4 des BUrlG i. V. m. § 1922 Abs. 1 BGB hat daher zur Folge, dass der abzugeltende Urlaubsanspruch im Erbfall auf den Erben übergeht.
Daher sollten Sie im Falle des Falles daran denken, den Arbeitgeber des Verstorbenen anzuschreiben und diesen aufzufordern, den noch nicht genommenen Urlaub abzugelten. Gerne sind wir Ihnen dabei behilflich.
RA Manuel Große