I.) Sachverhalt
Ein Unternehmen gewährt ihren Arbeitnehmern nach Vollendung des 58. Lebensjahres jährlich zwei Tage mehr Urlaub als den jüngeren Arbeitnehmern. Daraufhin klagt eine jüngere Arbeitnehmerin unter dem Gesichtpunkt der Gleichbehandlung auf ebenfalls zwei weitere Urlaubstage.
II.) Einleitung
In den unterschiedlichsten Unternehmen kommt es zu Ungleichbehandlungen zwischen den Arbeitnehmern. Unter anderem werden wie im hier gelagerten Fall den älteren Arbeitnehmern mehr Urlaubstage durch den Arbeitgeber gewährt als den jüngeren Arbeitnehmern. Nun fragt sich jeder Arbeitnehmer, der „Opfer“ einer solchen Ungleichbehandlung ist, ob dies rechtlich zulässig ist oder ob er auch einen Anspruch auf die gleiche Anzahl von Urlaubstagen hat. Die Zulässigkeit der Ungleichbehandlung bemisst sich nach dem AGG (Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz) und zwar im konkreten Fall nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG.
III.) Voraussetzungen
§ 10 Satz 3 Nr. 1 AGG setzt bei der Festlegung von besonderen Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für die Entlohnung, als Zweck eine Sicherstellung des Schutzes von älteren Beschäftigten voraus. Die Mittel, die der Arbeitnehmer auswählt um diesen Zweck zu erreichen, müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein.
Nach Auffassung der neusten BAG Rechtsprechung vom 21.10.2014 (BAG – 9 AZR 956/12) kann eine vom Arbeitgeber freiwillig begründete Urlaubsregelung, nämlich den älteren Arbeitnehmern jährlich mehr Urlaubstage als den jüngeren Arbeitnehmern zu gewähren, unter dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beschäftigter nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG zulässig sein. Dem Arbeitgeber steht dabei bezüglich der Erforderlichkeit und Angemessenheit des Mittel im Sinne von § 10 Satz 2 AGG eine auf die konkrete Situation in seinem Unternehmen bezogene Einschätzungsprärogative zu.
Dementsprechend ist die Ungleichbehandlung im vorliegenden Fall grundsätzlich nicht unzulässig, aber auch nicht grundsätzlich zulässig. Es müssten konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die zwei Urlaubstage mehr für Arbeitnehmer nach Vollendung des 58. Lebensjahres aufgrund von der Arbeitstätigkeit gerechtfertigt sind. Dabei ist in jeder konkreten Situation darauf zu achten, ob der Arbeitgeber seinen Gestaltungs- und Ermessensspielraum überschritten hat oder ob die gewählten Mittel des Arbeitgebers für die Erreichung des Zieles der Ungleichbehandlung gerechtfertigt sind.
IV.) Konsequenz
Die Konsequenz des kürzlichen Urteil des BAGs ist, dass das Gewähren von mehr Urlaubstagen für Ältere nicht grundsätzlich dem Verbot der Ungleichbehandlung unterliegt. Wenn Sie als Arbeitnehmer nach dem Lesen dieses Artikels aber zu der Auffassung gelangt sind, dass bei ihrem konkreten Fall Zweifel an der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung oder der Angemessenheit oder Erforderlichkeit der Wahl des Mittels vom Arbeitgeber zur Erreichung des Zieles aufkommen, dann sollten Sie einen unserer Anwälte in unserer Kanzlei um einen Beratungstermin bitten.
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